Eine Anleitung in 10 Schritten
Es gibt Punkte, die bei der Erstellung fast jeder Anleitung zu beachten sind, und deren Kenntnis wesentlich zur Qualität der Anleitung beiträgt. Diese Punkte sollen im Folgenden erläutert werden.
1. Sie möchten eine Anleitung erstellen? Dann müssen Sie zunächst Ihre Zielgruppe kennen!
Informationen müssen korrekt und effektiv vermittelt werden – was das bedeutet, kann je nach Zielgruppe ganz unterschiedlich sein. Denn jede Zielgruppe hat spezifische individuelle Eigenschaften, die bei der Erstellung einer Anleitung beachtet werden sollten. So besitzt ein Endverbraucher normalerweise ganz andere Vorkenntnisse und damit einen ganz anderen Informationsbedarf als der Monteur einer Wasseraufbereitungsanlage. Bei der Erstellung sind daher ganz unterschiedliche Herangehensweisen gefordert.
Eine Anleitung basiert meist auf Informationen aus verschiedensten Quellen – von Entwicklern, Ingenieuren, Monteuren, Wartungstechnikern, oder auch aus dem Marketing. Und alle Beteiligten sprechen ihre eigene Fachsprache. Die Kunst ist nun, diese Informationen für die Zielgruppe verständlich aufzubereiten, ohne dabei wichtige Punkte außen vor zu lassen.
Dabei gilt aber für jeden Nutzer und jede Anleitung immer derselbe Grundsatz:
- Überflüssiges weglassen. Effektiv schreiben. Oder um es mit Albert Einstein zu sagen: „Everything should be made as simple as possible, but not simpler.“
- Nutzerfreundlichkeit ist alles – die Anleitung soll sich möglichst mühelos lesen lassen (ganz ohne Anstrengung geht es allerdings auch nach den Grundsätzen des Minimalismus nicht).
- Ein wichtiger Punkt ist dabei die Gliederung. Aus dem Inhaltverzeichnis muss eindeutig hervorgehen, wo bestimmte Informationen zu finden sind. Jede Überschrift muss auf den ersten Blick erkennen lassen, worum es im entsprechenden Abschnitt geht. Eine Überschrift wie How to connect to a device ist „sprechender“ als Bluetooth Connectivity.
2. Richtlinien
Die Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG schützt Verbraucher vor Schäden, die durch Produktmängel verursacht wurden. Hersteller bzw. Importeure können für mangelhafte Produkte haftbar gemacht werden. Da die Anleitung als fester Bestandteil eines Produkts gilt, kann eine unzureichende Anleitung durchaus dazu führen, dass dieses Produkt als mangelhaft eingestuft wird.
Die CE-Richtlinien verlangen auch die Beschreibung eventueller Restrisiken. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, muss der Ersteller der Anleitung die für das betreffende Produkt geltenden Richtlinien kennen. Aus diesen kann dann abgeleitet werden, was in der Anleitung berücksichtigt werden muss. So sind z. B. laut Maschinenrichtlinie bestimmungsgemäßer Gebrauch sowie vorhersehbarer Fehlgebrauch aufzuführen. Auch Informationen über Schallpegel, Stabilität, Hersteller usw. sind vorgeschrieben. Zusätzlich enthalten diese und weitere Richtlinien auch Anforderungen bezüglich der Übersetzung von Anleitungen.
3. Die richtige Gliederung
Eine Anleitung muss alle Informationen enthalten, die für eine korrekte und sichere Nutzung des Produkts nötig sind. Viele Richtlinien verlangen die Aufnahme bestimmter Punkte, lassen aber dabei oft reichlich Interpretationsspielraum. In solchen Fällen helfen Normen weiter. Die deutsche Norm für Gebrauchsanleitungen ist die DIN 82079 – sie behandelt Inhalt und Struktur und gibt Hinweise zu Formulierungs- und Darstellungsmustern. Die dort vorgesehene Gliederung dient als Grundlage für eine korrekte Anleitung. Beispielsweise sind als Mindestbestandteile Sicherheitshinweise, technische Spezifikationen, Montage, Nutzung und Wartung angegeben. Weiterhin enthält sie Mindestanforderungen z. B. für Titelseite, Vorwort und Schriftgröße.
4. Informationsrecherche
Für eine vollständige Anleitung müssen alle nötigen Produktinformationen zusammengetragen werden – technische Daten, Schalt- und Montagepläne, Marketing-Dokumentation, eventuell auch CAD-Dateien u. ä. Fachleute im entsprechenden Unternehmen stellen diese Informationen bereit. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Informationen zu verstehen, zu filtern und zu analysieren, sowie an den richtigen Stellen bei den zuständigen Fachleuten nachzuhaken.
5. Effektive Anleitung
Wenn alle Informationen vollständig vorhanden sind, können sie in anleitenden Texten aufbereitet werden. Besonders wichtig ist hier die konsequente Berücksichtigung der Zielgruppe: Vorrangig zu beachten ist immer, dass die Informationen für die Zielgruppe verständlich sein müssen. Meist ist es daher erforderlich, alle Produktinformationen redaktionell zu bearbeiten. Während im Marketing Optik und geschickte Wortwahl oft zu Lasten der Genauigkeit gehen, sind technische Beschreibungen häufig zu kompliziert und Laien nur schwer zugänglich. Mithilfe der Grundsätze des Minimalismus und des Simplified Technical English (STE) lassen sich Informationen besser und effektiver vermitteln. Der Minimalismus kann Schulungszeiten um bis zu 30 % reduzieren und dafür sorgen, dass der Leser Informationen um 25 % besser aufnimmt.
6. Komprimierter Text
Niemand möchte sich auf der Suche nach Informationen durch lange Texte arbeiten müssen und auf überflüssige Übersetzungsaufwände wird auch jeder gern verzichten. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – komplizierte Beschreibungen lassen sich oft durch Illustrationen ersetzen. Auf die Übersetzung kann dann ganz verzichtet werden. Das oben genannte STE verringert ebenfalls den Textumfang. Viele Wörter und Informationen in konventionell formulierten Texten sind eigentlich gar nicht nötig. Wird gemäß den Grundsätzen der STE-Norm (ASD-STE100) alles Überflüssige weggelassen, lassen sich Texte um bis zu 30 % reduzieren.
7. Illustrationen/Animationen
Durch Illustrationen lässt sich die benötigte Textmenge reduzieren. Außerdem kann man Handlungsschritte durch Bilder – im Vergleich zu rein textlichen Beschreibungen – oft verständlicher und intuitiver darstellen. Montage- und Installationshinweise lassen sich meist durch Bilder – wie den aus IKEA-Anleitungen bekannten Bildfolgen – ersetzen. Fotos sollten möglichst nicht verwendet werden, da sich beim Kopieren von Anleitungen die Bildqualität oft erheblich verschlechtert. Auch enthalten Fotos meist viele überflüssige Informationen, was der gewünschten Klarheit zuwiderläuft. Bei einer guten Zeichnung kann dagegen gezielt entschieden werden, welche Details aufgenommen werden, um die Aufmerksamkeit auf die fragliche Information zu lenken. Darüber hinaus sorgen Zeichnungen für konsistente Optik und leserfreundliche Präsentation. Übrigens werden aus CAD-Dateien mittlerweile häufig nicht mehr nur Illustrationen erstellt, sondern auch 3D-Animationen, welche die Verwendung eines Produkts erläutern. So ist es etwa möglich, dem Wartungstechniker Animationen z. B. zum Austausch von Komponenten zur Verfügung zu stellen – zu erreichen durch einen QR-Code an der entsprechenden Maschine.
8. Übersetzung/Lokalisierung
Häufig ist es erforderlich, die erstellte Anleitung anschließend zu übersetzen. Übersetzungen sind nicht nur in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben, sondern leisten auch einen wesentlichen Beitrag zur Anwenderfreundlichkeit. Übersetzen ist eine Wissenschaft für sich – der Übersetzungsdienstleister sollte daher sorgfältig ausgewählt werden. Besonders wichtige Kriterien sind Branchen- und Fachkenntnisse der Übersetzer sowie die konsistente Verwendung von Formulierungsmustern und korrekter Terminologie. Für Folgeprojekte werden Translation Memories verwendet, um Konsistenz auch projektübergreifend zu gewährleisten. Bei sorgfältiger Pflege solcher Übersetzungsdatenbanken wird mit der Zeit der Wiederverwendungswert wiederholt vorkommender Textsegmente stetig anwachsen und für eine erhebliche Kostenreduzierung sorgen.
9. Organisation/Dokumentation
Für die intelligente Erstellung, Bearbeitung und Verwaltung von Anleitungen (Authoring/Editing/Publishing) sind zahlreiche Programme auf dem Markt, z. B. Autor-it, MacCap Flare und FrameMaker. Diese Programme unterstützen den Redakteur bei der Organisation von Inhalten: Informationen oder Textsegmente werden modular gespeichert, um die Wiederverwendung bestehender Texte zu maximieren. Manualise hat eine eigene Software zur Speicherung solcher Module entwickelt, die besonders gut auf hohe Grafikanforderungen abgestimmt ist.
10. Output generieren
Zur Aufbereitung von Produktinformationen werden Software-Tools verwendet. Man unterscheidet drei Outputformate: Print, online und on device. Für Online- und On-device-Anleitungen lassen sich neben 2D-Abbildungen auch 3D-Animationen verwenden.
Herangehensweise
Die Schritte zur Erstellung einer Anleitung sind für alle Formate gleich: