Bei einer Videoanleitung sollte man sich zunächst die Frage stellen, welchem Zweck sie dienen soll – nicht anders als bei jedem anderen neuen Produkt. Soll sie das Produkt vorführen, den Nutzer anleiten oder zum Kauf motivieren? Der anvisierte Zweck bestimmt zu einem Großteil den Inhalt des Videos.
Ist dieser Punkt geklärt, kann die Art des Videos gewählt werden: Animiert, realistisch oder echt. Ebenfalls zu bestimmen ist, ob das Video statisch, dynamisch oder interaktiv Video sein soll. In einem statischen Video wird durchgehend dieselbe Kameraeinstellung beibehalten, während in einem dynamischen Video verschiedene Perspektiven zum Einsatz kommen. Ein interaktives Video bezieht den Betrachter aktiv ein – beispielsweise indem er aufgefordert wird, durch Drücken eines interaktiven Buttons den nächsten Schritt einzuleiten.
Die Grundsätze für visuelle Anweisungen gemäß „Plaisant & Schneiderman” sind folgende:
- Vorbereitende Informationen bzw. Informationen zum Ablauf geben
- Einzelne Segmente so kurz wie möglich halten
- Aufgaben klar und eindeutig gestalten
- Aufgaben und Übungen in geeignetem Verhältnis
- Gesprochenes Wort statt textlicher Erläuterungen
- Benutzeroberfläche berücksichtigen
- Geeignete Signale verwenden, um Aufmerksamkeit zu erregen
- Dem Betrachter eine gewisse Kontrolle überlassen
In der oben erwähnten Studie von Hans van der Meij wurde der Lernprozess beim Betrachten von Videoanleitungen und interaktiven Anleitungsvideos analysiert. Das Thema der Anleitungen war die Layouterstellung in Microsoft Word. 110 Teilnehmer wurden auf 2 Untersuchungsgruppen verteilt – darunter 55 Anfänger, die mit Word nicht vertraut waren, sowie 55 fortgeschrittene Nutzer. Die erste Gruppe erhielt Anweisungen in Form einer herkömmlichen Anleitung, während der anderen Gruppe die Verwendung des Programms mittels einer Videoanleitung veranschaulicht wurde.
Das interaktive Video enthielt ein interaktives Inhaltsverzeichnis, das ständig links im Bild zu sehen war und anhand dessen der Betrachter wählen konnte, was er als nächstes tun wollte. Vorgänge wurden per Voice-over erläutert und gleichzeitig als Text eingeblendet. Bei allen Informationen, die der Betrachter erhielt, wurde klar unterschieden, ob diese vorbereitender, aufgabenrelevanter oder ergebnisorientierter Art waren. Im Programm durchzuführende Vorgänge wurden Schritt für Schritt durch einen bewegten Cursor veranschaulicht. Die zweite Gruppe erhielt dieselben Anweisungen ohne interaktive Elemente.
Danach wurde ein Test durchgeführt, um festzustellen, ob die Teilnehmer in der Lage waren, den Prozess zu wiederholen und die gelernten Vorgänge jetzt selbständig auszuführen. Diejenigen Teilnehmer, die interaktive Informationen erhalten hatten, schnitten dabei wesentlich besser ab. Der Unterschied zwischen den Erfolgen der beiden Gruppen war sogar erheblich, woraus sich folgern lässt, dass interaktive Videos wesentlich effektiver sind. Einige Fragen blieben allerdings ungeklärt:
- Wirkt ein Video auch motivierender?
- Werden die Informationen auch langfristig besser gespeichert?
- Welches sind die wichtigsten Punkte für den Entwurf? Signalisierung, Übung oder die Bedienoberfläche?
Diese offenen Punkte sollen eventuell in einer Folgestudie geklärt werden.